Ein wenig provokant, nicht wahr?
Da ist also die zweite Generation des Echo Plus, des Echos mit dem bisher zweitbesten Klang, der anfangs sogar der Echo mit dem besten Klang war, bis er von Amazon kaputtaktualisiert wurde. Der „alte“ Plus klang ganz zu Anfang richtig gut – dann schlug Amazon zu und verschlechterte den Klang immer weiter; vermutlich, damit der neue Echo daneben nicht ganz so derbe unterging. Aber das ist reine Spekulation.
Ich gehe bei dieser Rezension natürlich verstärkt auf die Unterschiede der beiden Generationen ein.
•• Lieferumfang
- Echo Plus
- Netzteil
- Zettelkram, den keiner liest
Ganz ehrlich: Wenn man sich das winzige blaue Kartönchen anschaut, fragt man sich automatisch: Wie kann da ein Echo Plus drin sein? Haben die mir versehentlich einen Echo oder gar einen Dot geschickt? – Nee, haben die nicht – der neue Plus ist tatsächlich so klein.
- Der neue Echo Plus ist etwas dicker als sein Vorgänger, dafür deutlich kürzer, wirkt auch nicht mehr wie eine Stahlsäule mit Perforation. Ein kleiner, dicker Brummer.
Nach wie vor sind sieben Mikrofone verbaut – die Öffnungen wurden aber nicht mehr diskret in einem umlaufenden Ring verborgen, prangen jetzt deutlich sichtbar auf der Oberseite. Die Oberseite sieht relativ langweilig aus, deutlich billiger als beim alten Plus.
Vier Tasten: Lauter, leiser, Mikro aus und „Hör zu“ (Aktionstaste). Man kann die Lautstärke also nicht mehr durch Drehen des oberen Rings einstellen. Das mag dem Einen oder Anderen sauer aufstoßen - mir nicht, da ich die Lautstärke meist eh durch Zuruf (oder Zugebrüll) ändere.
Umgeben ist der neue Plus mit einem Textilgeflecht. Das sieht ganz nett und weniger "technisch" als das Design des alten Plus aus, wirkt wärmer und etwas gefälliger. Leider lässt sich das Geflecht nicht tauschen, sollte also möglichst nicht mit Dreck in Verbindung kommen. Auch der Einsatz in der Küche verbietet sich damit nahezu.
Wie üblich gibt es den Leuchtring ganz oben, der verschiedene Zustände signalisiert – Blau und Türkis beim Zuhören, Blau beim Reagieren, Rot beim Weghören, Orange beim Einrichten, Grün bei laufenden „Telefonaten“, Gelb bei verpassten Anrufen; und Violett, wenn etwas gewaltig schiefgelaufen ist.
Einen kleinen Unterschied gibt's: Während man bei den älteren Echo-Geräten keine einzelnen LEDs hinter dem Leuchtring erahnen konnte, kann man dies nun beim neuen Plus; da wird das Licht nicht so schön diffus verteilt. Das ist aber wirklich nur ein winziges Detail.
Es gibt keine "Büroklammer-Öffnung" zum Rücksetzen mehr (obwohl es an der Rückseite eine verdächtige kleine Öffnung gibt); das läuft jetzt wie mittlerweile üblich über Tastenkombinationen.
Neben dem Netzteilanschluss gibt's noch einen 3,5-mm-Klinkenanschluss sowie einen sechspoligen Spezialanschluss an der Unterseite – keine Ahnung, was Amazon damit vorhaben könnte.
Der neue Plus fühlt sich solide an, ist auch kein optisches Ärgernis.
- Das Netzteil mit Koaxstecker ist erstaunlich kräftig, wirft 18 Volt bei 1,67 A – beim alten Plus waren's 15 V und 1,4 A. Das neue Netzteil liefert also satte 30 Watt, das Alte schmiss noch 21 Watt. Damit müsste der neue Plus theoretisch in der Lage sein, eine Musikleistung von etwa 10 Watt zu erbringen – das wäre für einen kleinen Lautsprecher schon eine ganze Menge.
Für die Leute, die sich fragen, warum es keine praktische Stromversorgung per universellem USB-Anschluss gibt: USB bringt die nötige Leistung nicht – hier hat Amazon also völlig Recht, auf ein Spezialnetzteil zu setzen.
- Keine Ahnung, was auf den Zetteln steht. Liest die überhaupt jemand?
Der Lieferumfang geht in Ordnung, mehr braucht man wirklich nicht. Natürlich hätte ich mich über eine Hochseeyacht oder einen Porsche als kleine Zugabe aber auch nicht beschwert.
•• Ran ans Netzgewerke
Echo Plus eingeschaltet, gewartet, bis der Ring orange leuchtet, die Alexa-App angefeuert und die Einrichtung nach 30 Sekunden abgeschlossen. Ging erstaunlich flott und glatt – was aber auch daran lag, dass sich Amazon die Zugangsdaten der bisher verwendeten WLAN-Netzwerke auch endlich merkt, statt das immer nur zu seehofern. Mit WLAN-Neuanbindung hätte das Ganze vielleicht anderthalb Minuten gedauert.
Kein Absturz der Alexa-App; mal was Neues.
Gut.
Bei der Auslieferung war übrigens die Firmware 939969412 installiert, mittlerweile ist es 1308943236. Ganz schöne Sprünge, was ?
Anfangs machte es mir Amazon schwer, überhaupt an Einstellungen des Echo Plus heranzukommen: in der Alexa-App stand lediglich, dass der Plus gerade "kalibriert" würde – was immer das auch heißen mochte. Erst per Zusatztipp auf das Dreipunkte-Menü oben rechts kam ich an die Einstellungen und damit an die Firmware-Version heran. Warum auch immer. Mittlerweile ist die Kalibrierungsmeldung verschwunden.
Der neue Plus klinkt sich einfach und schnörkellos ins Netzwerk ein - besonders flott, wenn man die Zugangsdaten bereits bei Amazon hinterlegte.
Das Gerät ist danach sofort einsatzbereit.
Gut.
•• Praxis
• Zuruf- und Spracherkennung
Sehr gut, genau wie bei mittlerweile sämtlichen Echos inklusive der Dots – der neue Plus erkennt die Sprecherposition recht zuverlässig, wenn er nicht sehr nah bei anderen Gegenständen oder der Wand aufgestellt ist. Da können Reflexionen dann zur Erkennung einer ganz anderen Richtung führen; das wirkt sich aber nicht negativ aus.
Die Empfindlichkeit bei Zuruf ist ebenfalls gut bis sehr gut, es gibt keine merklichen Unterschiede zum alten Plus. Nach wie vor muss man bei laufender Wiedergabe mit hoher Lautstärke aber etwas brüllen; das geht auch kaum anders.
• Funktionsumfang
Genau wie bei allen sonstigen Echo-Geräten ohne Display – oft erstaunlich gut, oft erstaunlich schlecht. Aber Amazon bessert tatsächlich ständig nach, die Funktionalität wird immer besser, auch reagieren die Echos immer zuverlässiger auf natürlich gesprochene Befehle, obwohl es auch hier noch verblüffende Dusseligkeit gibt. Die Zeit wird's wohl richten.
• Klang
Darauf habt Ihr doch jetzt gewartet, nicht wahr ?
Hier kommen wir dann leider zum provokanten Einleitungssatz dieser Rezension.
Ganz klar: Amazon trägt soziale Verantwortung. Denn ganz offensichtlich wurden bei der Klangabstimmung in erster Linie TAUBE Menschen herangezogen.
Bumms, ich hab's gesagt. JEHOVA!
Amazon hat aus dem Debakel bei der Einführung des Echo der zweiten Generation offenbar rein gar nichts gelernt. Der Klang war damals grottig. Genau wie beim Echo Plus 2.
Viel zu basslastig, unsaubere Mitten, keine Transparenz in den Höhen. Gesang klang unsauber, sonst klare Stimmen wurden mit dem Reibeisen bearbeitet.
Schlicht unangenehm, vor allem im Vergleich mit dem alten Plus, der dagegen glockenklar klang - auch nach der Klangzerstörung durch zahlreiche vollkommen kompetenzfreie Aktualisierungen.
Ihr bemerkt, dass ich die Zeitform Präteritum, also Vergangenheit, nutzte?
+ Die gute Nachricht: Es ist schon besser geworden. Amazon hat ein paar Aktualisierungen nachgeschoben, die dem neuen Plus klanglich etwas auf die Beine halfen. Der Reibeiseneffekt hat nachgelassen, Stimmen klingen jetzt sauberer, der Klang ist insgesamt ausgewogener, nicht mehr schlicht unangenehm. Allerdings kommt der Klang noch nicht ganz an den Klang des alten Plus heran.
Da bin ich aber recht zuversichtlich, dass sich da noch mehr zum Besseren wendet.
- Die schlechte Nachricht: Amazon wiederholt stur und stupide die Fehler, die sie beim Echo 2 und beim alten Echo Plus machten.
Bässe werden bei steigender Lautstärke immer weiter zurückgefahren, bei Lautstärke 10 ist so gut wie nichts mehr davon übrig. Genau damit hatte man schon den alten Plus kastriert. Der Plus klingt dann wie ein übersteuertes Kofferradio, obwohl er das eigentlich nicht nötig hätte. Amazon, falls ihr hier mitlest (die Hoffnung stirbt zuletzt): Probiert's doch mal mit Phasendrehung bei hohen Lautstärken und Anpassung der Eckfrequenz; könnte helfen. Aber die Erfahrung zeigt, dass ihr eh nicht zuhört, wenn's um solche Dinge geht.
Auch das Spielen mit Equalizer-Einstellungen hilft hier nicht: Bei Lautstärke 5 wirkt die Klangverstellung, ab Lautstärke 7 verzischt sich der Bass dennoch wieder.
Ein weiterer IGITT-Punkt: Amazon greift verschlechternd-regulierend in den Dynamikbereich ein. Bei Impulsspitzen wird die Dynamik kurz zurück-, danach wieder hochgefahren. Das wirkt dann, als würde man extrem schnell mit dem Lautstärkeregler spielen.
Keine Ahnung, ob's der Plus wirklich nötig hat, ob die Kombination aus Netzteil, Endstufe und Lautsprechern wirklich nicht mehr hergibt. Falls dem so ist: Amazon! Verbaut endlich Komponenten, die den Anforderungen gewachsen sind! Habt Ihr denn gar nichts aus der miesen Hardwareauswahl beim Echo 2 gelernt? - Falls dem nicht so ist: Hört auf, mit der Dynamik zu spielen, das klingt schrecklich! Lasst da verdammt nochmal die Finger weg!
+ Aber noch was Gutes: Der neue Plus bringt einen GANZ anderen Bass als der Alte. Der klingt für einen Lautsprecher dieser Größe richtig gut, ist auch spürbar. In dieser Hinsicht liegen zwischen altem und neuem Plus Welten. Wenn Amazon den Mitten- und Hochtonbereich noch ein bisschen verbessert, weniger mit der Dynamik spielt und den Bass bei hohen Lautstärken nicht so extrem zurückfährt, könnte der neue Plus richtig gut klingen.
Der Bass hat Potenzial, ist der Basswiedergabe des alten Plus wirklich deutlich überlegen. Das mag für den Einen oder Anderen ein echtes Kaufargument sein, für mich ist es ein Behaltargument.
Der neue Plus macht deutlich mehr Druck im Basskeller – leider nur bis Lautstärke 7 (verdammt, Amazon!).
•• Dies und das
- Der Zigbee-Hub funktioniert wie gewohnt, diverse Hardware (wie Philips-, Ikea- und Osram-Lampen) lässt sich auch ohne eigenen Hub einbinden. Für Leute, die sich den eigenen Hub sparen möchten, ist der Plus die richtige Wahl. Wer schon einen Hue-Hub hat, kann sich den Plus in Sachen Hub-Funktionalität aber getrost sparen.
- Der Klang per Bluetooth-Übertragung ist gewohnt gut und sauber, Einbindung von Bluetooth-Geräten funktioniert reibungslos und einfach. Hier verzichtet Amazon auch auf die Klangverfälschungen; sollte man eigens erwähnen.
- Laut Einstellungen lässt sich der 3,5-mm-Klinkenanschluss an der Rückseite sowohl als Ausgang als auch als Eingang nutzen. Man kann den neuen Plus dann wohl auch als externen Lautsprecher für's Smartphone nutzen, wenn man noch den veralteten 3,5-mm-Anschluss am Handy oder andere Hardware mit diesem Anschluss hat.
•• Pro und Contra
• Pro
+ Etwas gefälligeres Design
+ Unkomplizierte Einbindung und Installation
+ Deutlich mehr Bass
+ Zigbee-Hub
+ Hört gut
• Contra
- Textilummantelung nicht austauschbar (versifft und staubt zu)
- Oberseite optisch etwas einfach gehalten
- Dynamikbereichmanipulation
- Rückfahren von Bassfrequenzen bei höheren Lautstärken
•• Meine Meinung
Der neue Plus ist nicht verkehrt. Er sieht gefällig aus, wirkt nicht mehr so wuchtig wie sein Vorgänger, hat das Potenzial, den alten Plus in Sachen Klang zu überflügeln; im Bassbereich ist der alte Plus mittlerweile chancenlos, klingt aber insgesamt noch ausgewogener, angenehmer.
Vom Klang her liegt der neue Plus derzeit zwischen altem Plus/Echo Show und dem Echo 2.
Der neue Plus lohnt sich für Leute, die in das Echo-Universum einsteigen möchten, bietet hier das Rundumpaket, weil einfach alles an Bord ist, auch der Zigbee-Hub.
Wer einen alten Plus besitzt, nicht mehr Bass braucht, kann auf den Kauf verzichten. Bassfreunde aber sollten sich definitiv für den neuen Plus entscheiden.
Hoffen wir nur, dass Amazon endlich mal Leute beschäftigt, die sich ein bisschen in Sachen Akustik auskennen.
Noch einmal: Hört auf, den Bass bei hohen Lautstärken runterzudrehen, lasst die Dynamikmanipulationen. Dann dürfte der neue Plus auch ein echtes Plus für den Audiofreund mit nicht gar so hohen Ansprüchen werden.
Wird behalten.